Zum Hauptinhalt springen

Arten von Kapazitätsmechanismen

·1361 Wörter·7 min· ·
Autor:innen
Inhaltsverzeichnis

Um ausreichende Kapazitäten für eine zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen, wurden verschiedene Arten von Kapazitätsmechanismen entwickelt. Allgemein unterscheidet man zwischen gezielten Mechanismen (z. B. strategische Reserven), die nur ausgewählte Kraftwerke umfassen, und marktweiten Mechanismen, an denen alle Kapazitätsanbieter teilnehmen können. Zusätzlich lässt sich differenzieren, ob bei diesen Mechanismen der Preis oder die Kapazitätsmenge zentral festgelegt wird, während sich der jeweils andere Faktor am Markt bildet. Dieser Abschnitt bietet eine detaillierte Übersicht über die verschiedenen Arten, ihre Funktionsweise und die jeweiligen Vor- und Nachteile.


Wir arbeiten gerade an diesem Artikel. Informationen können unvollständig oder teilweise inkorrekt sein. Fehler oder fehlende Details kannst Du direkt per GitHub Issue melden.

Übersicht der Kapazitätsmechanismen
Quelle: [Übersicht der Kapazitätsmechanismen]

Gezielte Mechanismen
#

Belohnen nur bestimmte Technologien. Sie identifizieren die zusätzlich benötigte Kapazität, die über das hinausgeht, was der Markt natürlicherweise bereitstellen würde, und unterstützen nur diese zusätzliche „Top-up“’-Kapazität. Es gibt drei Haupttypen:

1. Ausschreibung für neue Kapazität
#

Ausschreibungen für neue Kapazität
··444 Wörter·3 min
Ausschreibungen für neue Kapazitäten fördern gezielt Investitionen in Versorgungssicherheit. Sie ermöglichen eine wettbewerbliche, staatlich gesteuerte Vergabe neuer Projekte – mit Planungssicherheit, klaren Vorgaben und stabilen Erlösmodellen.

2. Strategische Reserve
#

Strategische Reserve
·806 Wörter·4 min
Strategische Reserven dienen der Versorgungssicherheit in Ausnahmesituationen und werden außerhalb des Strommarkts vorgehalten. Ihr Design zielt auf Marktunabhängigkeit und technische Verfügbarkeit, bei gleichzeitig begrenztem Einfluss auf den Wettbewerb.

3. Gezielte Kapazitätszahlung
#

Gezielte Kapazitätszahlungen
·503 Wörter·3 min
Gezielte Kapazitätszahlungen setzen auf finanzielle Anreize für bestimmte Anlagen, um systemrelevante Funktionen wie Reserveleistung oder den Ausgleich struktureller Umbrüche im Strommarkt sicherzustellen – jenseits marktweiter Mechanismen.

Marktweite Mechanismen
#

Bei einem marktweiten Mechanismus erhalten alle Kapazitäten, die zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit notwendig sind, Zahlungen, wobei sowohl bestehende als auch neue Kapazitätsanbieter abgedeckt werden. Dies schafft effektiv einen eigenständigen Markt für ‘Kapazität’, getrennt vom ‘Strommarkt’. Es gibt drei Grundtypen:

1. Zentraler Käufer
#

Eine zentral festgelegte Gesamtkapazität wird durch ein zentrales Ausschreibungsverfahren beschafft, wobei der Markt den Preis bestimmt. Mehr Erfahren

2. Dezentrale Verpflichtung
#

Stromlieferanten/Händler sind verpflichtet, Verträge mit Kapazitätsanbietern abzuschließen, um die Gesamtkapazität zu sichern, die benötigt wird, um die Nachfrage ihrer Verbraucher zu decken, wobei die Marktkräfte den Preis ohne ein zentrales Ausschreibungsverfahren bestimmen. Mehr Erfahren

3. Kombinierter Kapazitätsmarkt
#

Kombinierter Kapazitätsmarkt
·569 Wörter·3 min
Der kombinierte Kapazitätsmarkt (KKM) ist ein vorgeschlagener Mechanismus zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit, der Elemente zentraler und des dezentraler Kapazitätsmechanismen verbindet. Ziel ist es durch Kombination der Vorteile beides Einzelansätze, sowohl langfristige Investitionsanreize für neue steuerbare Kapazitäten zu schaffen als auch das dezentrale Wissen der Stromnachfrageseite zu nutzen, um Systemeffizienz und Anpassungsfähigkeit zu erhöhen.

4. Marktweite Kapazitätszahlung
#

Ein zentral festgelegter Kapazitätspreis, basierend auf Schätzungen, die erforderlich sind, um eine ausreichende Gesamtkapazität zu gewährleisten, wird an alle Kapazitätsanbieter des Marktes gezahlt.

Die Modelle des zentralen Käufers und der dezentralen Verpflichtung sind volumenbasiert und legen die erforderliche Kapazitätsmenge im Voraus fest, wobei die Preise durch den Markt bestimmt werden. Das Modell der marktweiten Kapazitätszahlung ist preisbasiert und legt den Kapazitätspreis im Voraus fest, wobei die Kapazitätsmenge variabel und auf die Marktreaktion basierend ist.

Analyse Marktweiter Mechanismen (ein-/ausklappen)

Marktweite Mechanismen werden in den EU-Rechtsvorschriften weniger detailliert behandelt als strategische Reserven, wodurch mehr Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, um ein geeignetes Design basierend auf nationalen Anforderungen auszuwählen.
In einem marktweiten Kapazitätsmechanismus bestimmen die Kapazitätsanbieter selbst, wann sie produzieren, basierend auf Preissignalen im Strommarkt. Anforderungen und Anreize für die Verfügbarkeit können ebenfalls hinzugefügt werden. Die starke Verknüpfung mit dem Strommarkt ermöglicht eine effiziente Nutzung der verfügbaren Ressourcen, vorausgesetzt, dass etwaige Anforderungen oder Anreize im Mechanismus die Gebotsstrategien der Betreiber nicht so beeinflussen, dass die Gebote von den variablen Kosten abweichen.

Ein Hauptvorteil marktweiter Kapazitätsmechanismen liegt darin, dass sie eine proaktive Verwaltung von Kapazitätsbedarfen ermöglichen, die in den kommenden Jahren zu erwarten sind. Dies ist besonders wichtig, wenn der erwartete Bedarf an Kapazität die Versorgung durch bestehende Anlagen übersteigt, die noch nicht am Strommarkt teilnehmen. Zusätzliche Kapazität kann durch Vorwärtsauktionen mit langen Lieferzeiträumen beschafft werden, was Anreize für neue Investitionen schaffen sollte.

Ein weiterer Aspekt ist, dass marktweite Kapazitätsmechanismen so gestaltet werden können, dass sie das Potenzial für Marktmacht von Produzenten begrenzen, während sie gleichzeitig Preisabsicherung für Kunden und Produzenten bieten.

Als Nachteile können der zeitaufwändige Genehmigungsprozess bei der Europäischen Kommission (EK) und die komplexe Gestaltung des Beschaffungsprozesses mit Anforderungen an die grenzüberschreitende Teilnahme aufgeführt werden. Außerdem kann es notwendig sein, dass die Teilnehmer eine Art Vorausqualifikation und Verifizierungsverfahren durchlaufen müssen. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand für den ÜNB sowie für den Anlagenbetreiber, was kleinere Anbieter wie DR-Anbieter möglicherweise von der Teilnahme abhält.

Eine weitere Komplexität ergibt sich aus den De-Rating-Faktoren, die verwendet werden, um Gebote unterschiedlicher Technologien vergleichbar zu machen. Diese sind komplex fair zu berechnen und können zu Verzerrungen im Markt führen.

Zudem kann ein marktweiter Kapazitätsmechanismus zu einer verringerten Rentabilität (Preisschwankungen) flexibler Ressourcen in einem EOM führen. Dies gilt insbesondere, wenn der zentrale Käufer (bspw. ÜNB) zu viel Kapazität im Vergleich zum idealen Niveau beschafft, was zu einem Überangebot und niedrigen Preisen auf dem Energiemarkt führt. Da die erwarteten Einnahmen aus dem Energiemarkt sinken, steigen die Vergütungsanforderungen und Auktionsergebnisse auf den Kapazitätsmärkten. Ein überdimensionierter Kapazitätsmechanismus kann daher dazu führen, dass das Volumen neuer Investitionen vollständig durch einen ÜNB bestimmt wird, wodurch die grundlegende Funktion des deregulierten EOM untergraben wird 1.

Ein marktweiter Kapazitätsmechanismus ist nicht kosteneffektiv, wenn der Bedarf an zusätzlicher Kapazität zur Erfüllung des nationalen Zuverlässigkeitsstandards minimal und vorübergehend ist und nur eine geringe Anzahl an Betriebsstunden erwartet wird – besonders dann, wenn der Kapazitätsbedarf mit vorhandener Kapazität gedeckt werden kann, die ansonsten aus Rentabilitätsgründen stillgelegt würde.

Vergleich Gezielte vs. Marktweite Mechanismen (ggf. verschieben)
#

Klicken zum Ein-/Ausklappen der Tabelle
EigenschaftGezielter KM (Strategische Reserve)Marktweiter KM
Einfluss auf EOMkleingroß
Verknüpfung mit dem Strommarktschwach: ineffiziente Verwendung verfügbarer Ressourcenstark: effiziente Verwendung verfügbarer Ressourcen
Verwaltung des KapazitätsbedarfsReaktiv: kurzfristige Kapazitätsauktionen mit kurzen LieferzeiträumenProaktiv: Kapazitätsauktionen mit langen Lieferzeiträumen
Genehmigungsprozess bei der ECSchnellLangsam
Aufwand für den TSO sowie für die AnlagenbetreiberKleinGroß
BeschaffungsdesignGeringer KomplexitätsgradHoher Komplexitätsgrad
Anreize für NeuinvestitionenNiedrigHoch
Konsument:innenschutzSchwachStark
Effekte auf MarktmachtHoch: hoher Anteil an Kapazität, der außerhalb des Marktes gehalten wirdNiedrig

Tabelle 1: Vergleich von gezielten und marktweiten Kapazitätsmechanismen (basierend auf 2)

Weitere Mechanismen der Investitionsanreizung zur Steigerung der Versorgungssicherheit
#

1. Leistbarkeitsoptionen
#

Leistbarkeitsoptionen
·204 Wörter·1 min
Leistbarkeitsptionen ermöglichen es, Verbrauchern hohe Strompreise zu ersparen, indem Erzeuger ihre Spitzengewinne abgeben und dafür im Gegenzug regelmäßige Zahlungen erhalten. Der Mechanismus verbindet soziale Entlastung mit Planungssicherheit für Anbieter.

2. Kapazitätsabonnements
#

Kapazitätsabonnements
·205 Wörter·1 min
Kapazitätsabonnements geben Verbrauchern die Möglichkeit, ihr gewünschtes Maß an Versorgungssicherheit zu wählen – ähnlich wie bei Versicherungen. Durch feste Verträge erhalten sie Energie auch in Engpässen, während Anbieter Planungssicherheit gewinnen.

3. Contracts for Differences
#

Contracts for Differences
·366 Wörter·2 min
Contracts for Difference (CfD) erhöhen die Planungssicherheit der Produzenteneinnahmen, indem sie Marktpreisabweichungen ausgleichen: Liegt der Marktpreis unter dem Vertragspreis, zahlt der vertragspartner die Differenz – liegt er darüber, fließt die Differenz vom Produzenten zurück.

4. Zielgerichtete Unterstützungsprogramme
#

Zielgerichtete Unterstützungsprogramme
·277 Wörter·2 min
Zielgerichtete Unterstützungsprogramme ermöglichen die gezielte Förderung bestimmter Technologien – etwa erneuerbare Erzeugung, Speicher oder Nachfrageflexibilität. Sie verbinden Marktnähe mit planbarer Unterstützung und ergänzen Kapazitätsmechanismen punktuell.

5. Peak Shaving Produkte
#

Peak Shaving Produkte
·271 Wörter·2 min
Ein Dienst oder eine Strategie, die den Stromverbrauch während Spitzenlastzeiten reduziert, typischerweise durch Lastmanagement oder DR Techniken.

6. Langzeit Power-Purchase-Agreements
#

Langzeit Power-Purchase-Agreements
·349 Wörter·2 min
Verträge zwischen Stromerzeugern und Käufern (wie Versorgungsunternehmen, Unternehmen oder Regierungen), bei denen der Erzeuger zustimmt, eine bestimmte Menge Strom zu einem vorher festgelegten Preis über einen längeren Zeitraum zu verkaufen, der oft zwischen 10 und 20 Jahren liegt.

7. Unterbechbarkeitsregeln
#

Unterbrechbarkeitsregeln
·323 Wörter·2 min
Wir arbeiten gerade an diesem Artikel. Informationen können unvollständig oder teilweise inkorrekt sein. Fehler oder fehlende Details kannst Du direkt per GitHub Issue melden. Unterbrechbarkeitsregelungen ermöglichen eine kurzfristige Reduktion industrieller Lasten zur Stabilisierung des Stromnetzes. Großverbraucher stellen ihre Nachfrage flexibel bereit und können bei Netzengpässen auf Anforderung vom Netz genommen werden.

Hinweis: AIT übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information. Daher liegen alle Entscheidungen, welche auf Informationen dieser Website beruhen, einzig und allein im Verantwortungsbereich des Nutzers. AIT haftet insbesondere nicht für unmittelbare, konkrete Schäden oder Folgeschäden oder sonstige Schäden jeglicher Art, die – aus welchem Grund auch immer – im Zusammenhang mit dem indirekten oder direkten Gebrauch der auf dieser Website bereitgestellten Informationen entstehen.